BERLIN – Nach Bekanntwerden einer Kandidatenliste für die RBB-Intendantenwahl werden Vorwürfe laut. Es gibt Kritik innerhalb der zuständigen Findungs- und Wahlkommission. Die beiden Mitglieder der Sender-Personalvertretungen teilten am Dienstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit, dass die Auswahl von drei Kandidatinnen «keineswegs einvernehmlich» gewesen sei.
Am Vortag war die Kandidatenliste für die Wahl des höchsten Postens in dem öffentlich-rechtlichen ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) bekanntgeworden. Die Findungskommission wählte nach Angaben der Gremiengeschäftsstelle aus der Bewerberliste diese Namen aus: Ulrike Demmer (50, von 2016 bis 2021 stellvertretende Sprecherin der vergangenen schwarz-roten Bundesregierung), Heide Baumann (50, zuletzt Mitglied der Geschäftsführung von Vodafone Deutschland) und Juliane Leopold (40, seit 2019 Chefredakteurin Digitales von ARD-aktuell).
Von den Personalvertretungen hieß es nun: «Die Transparenz des Verfahrens endete vor wenigen Tagen, als der Vorsitzende des Verwaltungsrats plötzlich eine absolute Gehaltsobergrenze als Ausschlusskriterium vorgab.» Und: «Konsequenz dieser eigenmächtigen Vorgabe: der – unserer Meinung nach – qualifizierteste Bewerber verschwand von der Kandidatenliste, da er die Bedingungen nicht akzeptierte. Er erscheint Teilen des Gremiums als «zu teuer».» Seine Qualifikation als profilierter Programm-Macher und Manager spiele dabei leider keine Rolle.
Zu hohe Forderungen?
Sabine Jauer für den Personalrat und Dagmar Bednarek für die Freienvertretung forderten in ihrer Stellungnahme zudem: «Wir missbilligen das gewählte Vorgehen ausdrücklich und fordern weiterhin, dass der aus den beschriebenen Gründen ausgeschiedene Kandidat sich dem Rundfunkrat vorstellen kann.»
Auf Anfrage sagte Verwaltungsratschef Benjamin Ehlers zu den Vorwürfen: «Ich werde zuerst in den Gremien dazu Stellung nehmen, die erste Gelegenheit ist am Donnerstag im Rundfunkrat.»
In der Rundfunkratssitzung werden sich die Kandidatinnen dem Gremium vorstellen, das am 16. Juni wählen wird. Der Rundfunkrat setzt sich aus Vertretern verschiedener Gruppen zusammen und soll einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentieren.
Weiterhin unklar bleibt die künftige Rolle der Interims-Senderchefin Katrin Vernau bei der Wahl. Sie bekräftigte am Dienstag ihre Bereitschaft, das Amt weiterzuführen. Die 50-Jährige teilte auf dpa-Anfrage zum Stand des Wahlverfahrens mit: «Meine Bereitschaft, den Sender weiterhin zu führen, ist seit Februar bekannt, sie besteht weiterhin.»
Nicht direkt beworben
Es liege nun an den Gremien zu entscheiden. «Ich werde dazu keine weiteren Kommentare abgeben, das gebietet schon der Respekt vor den neuen Kandidatinnen», sagte Vernau.
Vernau hatte sich nicht beworben. Sie hatte ihre Bereitschaft, Intendantin zu bleiben, aber über Interviews und öffentliche Aussagen verdeutlicht. Es ist unklar, ob sie noch in das Rennen kommt.
Von Vernau hieß es weiter: «Es kann niemanden verwundern, dass mein Name auf der nun veröffentlichten Liste fehlt, ich habe mich an dem Bewerbungsverfahren nicht beteiligt. Das war kein Votum gegen den RBB.» Auf der Digitalmesse Republica erläuterte Vernau in einem Interview, sie sei per Vertrag so lange Intendantin, bis ein neuer oder eine neue gewählt sei, zugleich längstens bis Mitte September dieses Jahres.
Die Intendantenwahl ist notwendig geworden, weil der RBB im Sommer 2022 in eine tiefe Krise gestürzt ist. Es waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung gegen die damalige Intendantin Patricia Schlesinger und den Senderchefaufseher Wolf-Dieter Wolf aufgekommen. Schlesinger wurde fristlos entlassen. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gilt solange die Unschuldsvermutung.
Im Herbst kam dann inmitten der Krise die WDR-Managerin Vernau und übernahm für eine Interimszeit den krisengebeutelten Sender. Seither arbeitet das Haus an der Aufarbeitung des Skandals und steht vor einem Sparprogramm in Millionenhöhe.
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- RBB: dpa