Widerstand gegen den Wahlausgang 2020
Trump behauptet bis heute ohne stichhaltige Belege, er sei durch Wahlbetrug um den Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gebracht worden. Über Wochen versuchte er damals, den Wahlsieg seines demokratischen Herausforderers Joe Biden nachträglich zu kippen. Sein Lager scheiterte mit Dutzenden Klagen gegen die Wahlergebnisse. Der Widerstand gegen den Wahlausgang gipfelte in einer Attacke seiner Anhänger auf das Kapitol, die der Untersuchungsausschuss im Kongress aufarbeitet.
Unterstützer Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um Bidens Wahlsieg zu zertifizieren. Am Rande der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben. Trump hatte kurz zuvor bei einer Kundgebung erneut behauptet, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Er musste sich danach einem Amtsenthebungsverfahren stellen, an dessen Ende er allerdings freigesprochen wurde.
Über Monate hatte der Untersuchungsausschuss hinter verschlossenen Türen Hunderte Zeugen befragt und große Mengen an Dokumenten und Beweismaterial gesichtet. Nun legt das Gremium in einer Serie von öffentlichen Anhörungen seine Erkenntnisse offen.
Ex-Minister Barr: Behauptungen «kompletter Schwachsinn»
Bereits in seiner ersten öffentlichen Sitzung in der vergangenen Woche hatte das Gremium Video-Mitschnitte einer Befragung Barrs gezeigt, in denen dieser Trump belastete. Nun folgten weitere kraftvolle Aussagen des Ex-Ministers. «Ich hatte das Gefühl, dass es vor der Wahl möglich war, mit dem Präsidenten vernünftig zu reden», sagte Barr etwa. Nach der Wahl habe Trump aber nicht mehr zugehört. «Ich war etwas demoralisiert, weil ich dachte: Junge, wenn er wirklich an dieses Zeug glaubt, hat er den Kontakt zur Realität verloren», sagte Barr über Trumps Wahlbetrugsbehauptungen.
Barr bezeichnete diese als «kompletten Schwachsinn» und «dumm». Er betonte: «Ich habe ihm gesagt, dass das Zeug, das seine Leute der Öffentlichkeit auftischen, Schwachsinn (Original: «Bullshit») ist.» Auch der frühere amtierende Vize-Justizminister Richard Donoghue sagte, er habe dem Präsidenten mehrfach gesagt, dass an den Wahlbetrugsvorwürfen nichts dran sei.
Frühere Berater widersprechen Wahlsieg-Behauptungen
Trumps damaliger Wahlkampfmanager William Stepien hätte eigentlich live als Zeuge bei der Anhörung am Montag auftreten sollen. Wegen der Geburt seines Kindes sagte er seine Teilnahme an der Sitzung jedoch kurzfristig ab. Gezeigt wurden stattdessen auch von ihm Video-Clips einer vorherigen Befragung. Stepien sagte darin, in der Wahlnacht sei es viel zu früh gewesen, irgendeinen Ausgang zu verkünden. Er habe Trump dazu geraten, genau dies beim Auftritt vor seinen Anhängern zu sagen und auf die laufende Auszählung zu verweisen. Trump habe dies jedoch anders gesehen. Der Republikaner hatte noch in der Wahlnacht den Sieg über Biden für sich beansprucht – ohne jede Grundlage.
Auch Trumps damaliger Wahlkampfberater Jason Miller sagte, er habe dem Präsidenten dazu geraten, keinen Sieg zu erklären, bis es eine bessere Übersicht über die Zahlen gebe. Miller berichtete von verschiedenen Szenen in der Wahlnacht im Weißen Haus. Als der Sender Fox News einen kritischen Sieg für Biden im Bundesstaat Arizona verkündete, habe sich Wut und Enttäuschung breit gemacht, und die Sorge, «dass unsere Zahlen vielleicht nicht korrekt waren». Auf die Frage, ob jemand der Anwesenden zu viel Alkohol getrunken habe, nannte Miller den Namen Rudy Giuliani. Der frühere Bürgermeister von New York gehörte zu den großen Verfechtern der Wahlbetrugsbehauptungen an der Seite Trumps.
Verschwörungstheorien: Kritik an Giuliani
Mehrere Zeugen äußerten sich höchst kritisch über Giuliani und andere, die Trump im Feldzug gegen den Wahlausgang immer neue Theorien vortrugen – unter anderem zu einer angeblichen technischen Manipulation bei der Stimmenauszählung. «Was sie vorschlugen, hielt ich für verrückt», sagte etwa der frühere Trump-Anwalt Eric Herschmann. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner antwortete auf die Frage, ob er dem Präsidenten je seine Meinung über Giuliani gesagt habe: Er habe klar gemacht, dies wäre «grundsätzlich nicht der Ansatz, den ich an deiner Stelle verfolgen würde».
Die nächste öffentliche Anhörung des Untersuchungsausschusses ist für diesen Mittwoch geplant. Einen Abschlussbericht will das im Gremium im September veröffentlichen.
Bildquelle:
- Barr und Trump: dpa