Neue AfD-Bundestagsfraktion konstituiert sich – Einer packt gleich seine Sachen

Der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla (l) und die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel sowie Alexander Gauland (vorne) stehen mit weiteren Fraktionsmitgliedern zusammen. Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN – In einer stürmischen ersten Sitzung hat sich die neue AfD-Fraktion im Bundestag heute formiert.

Noch vor der Wahl der neuen Fraktionsvorsitzenden beriet die Fraktion am Mittwoch darüber, ob die erstmals in den Bundestag gewählten Abgeordneten Matthias Moosdorf aus Sachsen und Matthias Helferich aus Nordrhein-Westfalen der Fraktion angehören sollen oder nicht.

Als die Debatte hitzig wird, werden die Mitarbeiter der Fraktion vor die Tür geschickt. Am Abend verlässt Helferich die Sitzung. Helferich habe sich nach einer längeren Diskussion entschieden, der Fraktion nicht angehören zu wollen, sagt der scheidende Fraktionschef Alexander Gauland. Fraktionskollegen berichten, Helferich wolle am Donnerstag einen Antrag auf Gaststatus in der Fraktion zu stellen.

Gegen ihn war noch im Wahlkampf eine Ämtersperre verhängt worden. Hintergrund der vom Bundesvorstand beschlossenen Ordnungsmaßnahme waren Äußerungen in älteren Chats. Helferich bestreitet nicht, dass er sich darin als «freundliches Gesicht des NS» bezeichnet hatte. Dieser Begriff sei jedoch lediglich eine Fremdzuschreibung von linken Bloggern gewesen, die er «persifliert» habe, führte er aus.

Der Cellist Moosdorf wird von manchen AfD-Abgeordneten als «Querulant» angesehen – vor allem, seitdem er harsche Kritik an dem scheidenden Fraktionsvorsitzenden Gauland geäußert hat. Er hatte Gauland unter anderem «Bockigkeit» und zu viel Verständnis für radikale Ausfälle von Parteifreunden vorgehalten. Er wisse nicht, was ihm aktuell vorgeworfen werde, sagte er auf Anfrage. Die Diskussion über ihn sei schließlich ohne einen Antrag auf Nicht-Aufnahme in die Fraktion beendet worden, hieß es aus der Sitzung. Gauland sagte: «Ich kann mit harter Kritik immer leben.»

Gnauck: «Ich werde weiter unbequem sein»

Zu den 25 neuen AfD-Abgeordneten gehört auch Hannes Gnauck aus Prenzlau in der Uckermark. Er hatte im Wahlkampf angekündigt: «Ich werde weiter unbequem sein (…). Und keine Kanzlerin, kein Minister, kein Herr Haldenwang und kein politisch instrumentalisierter Geheimdienst würden mir jemals die Nähe zu Euch, zu meinem Volk, verbieten können.» Der Oberfeldwebel war vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) als «Extremist» eingestuft worden. Er kündigte an, er werde sich dagegen juristisch zur Wehr setzen. Sein Fall sei ganz anders gelagert als der von Helferich, sagte er am Rande der Sitzung. Deshalb habe er keine Angst vor einem Ausschluss aus der Fraktion.

Die beiden Spitzenkandidaten, Alice Weidel und Co-Parteichef Tino Chrupalla, wollen sich an diesem Donnerstag gemeinsam um den Vorsitz bewerben. Ob die Abgeordneten bereit sein werden, die beiden als Duo zu wählen, ist allerdings noch offen.

Für die AfD sitzen 83 Abgeordnete im neuen Bundestag, darunter elf Frauen. Die AfD hatte bei der Bundestagswahl am Sonntag 10,3 Prozent der Zweitstimmen erhalten. Sie lag damit unter ihrem Ergebnis von 2017. Damals hatten 12,6 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei den Rechten gemacht. Kandidaten der AfD errangen diesmal 16 Direktmandate – alle in Ostdeutschland.

Gauland wollte nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Es war jedoch vorgeschlagen worden, ihn zum Ehrenvorsitzenden der Fraktion zu machen. Gauland, der die Fraktion vier Jahre lang gemeinsam mit Weidel geleitet hatte, sprach insgesamt von einem guten Wahlergebnis. Das sehen allerdings nicht alle Fraktionsmitglieder so. Eine Mehrheit folgte nach Angaben von Teilnehmern dem Vorschlag des NRW-Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen, eine Diskussion über die Gründe für die Stimmenverluste auf die Tagesordnung zu setzen. Lucassen forderte eine «Analyse der Wahlkampfführung vor dem Hintergrund des Wahlergebnisses und Umsetzung der Erkenntnisse in die zukünftige Arbeit der AfD im Deutschen Bundestag».

Bildquelle:

  • AfD-Fraktion: dpa

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