Die Dokumente waren den Angaben zufolge schon vor einigen Wochen aus privaten und beruflichen E-Mail-Postfächern von Verantwortlichen der Bewegung entwendet worden. Echte Unterlagen seien zusammen mit gefälschten ins Netz gestellt worden, «um Zweifel und Desinformation zu säen». Laut der Enthüllungsplattform Wikileaks, die auf das unter dem Hashtag #MacronLeaks kursierende Datenmaterial verlinkte, handelt es sich um Zehntausende Dokumente im Umfang von rund neun Gigabyte.
Der Zeitpunkt der Veröffentlichung nur wenige Stunden vor dem zweiten Wahlgang zeigt aus Sicht von «En Marche!» das offenkundige Ziel: «Destabilisierung der Demokratie, wie man es schon in den USA beim letzten Präsidentschaftswahlkampf gesehen hat.» Dort hatten Wikileaks-Veröffentlichungen der US-Präsidentschaftsfavoritin Hillary Clinton schwer zugesetzt. Letztlich verlor sie die Wahl im November überraschend.
Macron duelliert sich in der Stichwahl am Sonntag mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen – wobei in manchen französischen Überseegebieten wegen der Zeitverschiebung bereits einen Tag früher abgestimmt wird. Der frühere Wirtschaftsminister ist klarer Favorit, er lag in den letzten Umfragen mit rund 62 zu 38 Prozent vorne.
Die Abstimmung gilt wegen Le Pens Anti-EU-Kurs als Richtungsentscheidung für den ganzen Kontinent. Die Front-National-Politikerin will Frankreich aus dem Euro führen und ihre Landsleute über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Macron ist europafreundlich und strebt eine enge Partnerschaft mit Deutschland an.
Bereits Mitte der Woche hatte es in sozialen Netzwerken Gerüchte gegeben, dass Macron ein Konto in einem Steuerparadies habe. Le Pen griff die Vorwürfe im einzigen TV-Duell vor der Wahl auf. Macron erstattete Anzeige gegen Unbekannt, die Staatsanwaltschaft nahm Vorermittlungen auf wegen Verbreitung einer Falschnachricht.
Zudem hatte «En Marche!» bereits Ende April unter Berufung auf die IT-Sicherheitsfirma Trend Micro berichtet, Macrons Präsidentschaftswahlkampagne sei Ziel der Hackergruppe «Pawn Storm» geworden. Westliche IT-Sicherheitsfirmen vermuten dahinter eine Gruppe mit mutmaßlicher Nähe zu russischen Geheimdiensten, die auch hinter Hackerangriffen auf den Parteivorstand der US-Demokraten und die CDU von Bundeskanzlerin Angela Merkel stecken soll.
Macrons Einstellung zu Russland gilt als äußerst kritisch. «En Marche!» beschuldigte Moskau zuletzt, über Medien wie RT in den französischen Wahlkampf einzugreifen – der Sender ist bekannt dafür, staatliche Propaganda zu verbreiten. Unterstützt wird diese Sichtweise von Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault, demzufolge Macron Ziel von Cyberangriffen aus Russland ist.
Die staatliche Kontrollinstanz zur Überwachung des französischen Präsidentschaftswahlkampfs warnte Medien davor, Inhalte aus gehackten «En Marche!»-Unterlagen zu veröffentlichen. Ein Teil der nun kursierenden Dokumente sei wahrscheinlich gefälscht, und die Verbreitung falscher Nachrichten könne strafrechtlich geahndet werden, teilte die Nationale Kommission zur Kontrolle des Wahlkampfs (CNCCEP) am frühen Samstagmorgen mit.
Kurz zuvor war der Wahlkampf um Mitternacht offiziell beendet worden, wodurch sich Macrons Lager nur schwer gegen die nun zirkulierenden Darstellungen wehren kann. Kurz vor Mitternacht schrieb der stellvertretende FN-Chef Florian Philippot noch auf Twitter: «Werden wir durch die #MacronLeaks Dinge erfahren, die der investigative Journalismus absichtlich verschweigt? Schrecklich, dieser demokratische Schiffbruch.»
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- Macron: dpa